Strombasierte Kraftstoffe für klimaverträgliche Luftfahrt: Baubeginn für Technologieplattform Power-to-Liquid-Kraftstoffe (TPP)

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Leuna. Mit der „Technologieplattform Power-to-Liquid-Kraftstoffe“, kurz TPP, baut das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im sachsen-anhaltischen Leuna die bisher größte Forschungsanlage auf, um strombasierte Kraftstoffe herzustellen. Die Anlage dient dazu, diese Kraftstoffe zu optimieren sowie Technologien und Verfahren für deren Produktion in einem industriellen Maßstab weiterzuentwickeln. Am 1. Oktober 2024 hat der symbolische Baubeginn auf dem Gelände des Chemiestandorts Leuna in Anwesenheit des Bundesministers für Digitalisierung und Verkehr Dr. Volker Wissing und des Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff stattgefunden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert den Aufbau der Anlage mit rund 130 Millionen Euro. Zusätzliche Mittel für den ab 2028 geplanten Forschungsbetrieb sind vorgesehen.

„Die TPP ist eine weltweit einmalige Forschungsanlage für strombasierte Kraftstoffe. Sie wird zum Anziehungspunkt für hochkarätige Forschung und Industrieunternehmen. Gleichzeitig setzt das DLR Leuna auf die Landkarte zukunftsweisender Projekte ‚made in Germany‘“, erklärte die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla. „Die DLR-Energieforschung leistet mit diesem Großprojekt einen wichtigen Beitrag für den tiefgreifenden Wandel der Sektoren Energie, Mobilität und Industrie und für den Technologie-Standort Deutschland. Denn klima- und umweltverträgliche Kraftstoffe sichern die globale Mobilität der Zukunft.“

„Das DLR leistet in Leuna Pionierarbeit. Die Technologieplattform wird die weltweit erste Anlage sein, in der strombasierte Kraftstoffe vollintegriert über den gesamten Technologiestrang hinweg und im semi-industriellen Maßstab erprobt werden. Es ist der wichtige Schritt zwischen Forschung und industrieller Produktion. Die hier gewonnenen Erkenntnisse werden dazu beitragen, dass wir unseren Klimazielen näherkommen können. Die Dekarbonisierung des Verkehrs ist eine große Aufgabe, in Leuna gehen wir sie mit Mut und Entschlossenheit an. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft müssen Hand in Hand arbeiten, um unsere ambitionierten Ziele zu erreichen. Das BMDV trägt seinen Teil dazu bei, indem wir den Aufbau der Anlage mit 130 Millionen Euro fördern“, sagte der Bundesminister für Digitales und Verkehr Dr. Volker Wissing.

„Wenn ein Leuchtturmvorhaben wie die Technologieplattform in unserer Chemieregion umgesetzt wird, dann ist das ein Mut machendes Signal. Alte Industrien verschwinden zwar, doch dafür werden neue, zukunftsweisende aufgebaut. Das zeigt, die traditionsreiche Industrieregion ist auch heute innovativ, bereit für den Wandel und sie wird eine gute Zukunft haben,“ erläuterte der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff.

„Mit der TPP verfolgt das DLR einen ganzheitlichen Ansatz und bildet dazu die komplette Prozesskette von Power-to-Liquid-Kraftstoffen ab. Diese reicht von den Ausgangsstoffen über die Herstellung strombasierter Kraftstoffe bis hin zu deren Zertifizierung und Anwendung“, sagte Prof. Dr. Meike Jipp, Bereichsvorständin Energie und Verkehr des DLR. „In all diesen Bereichen verfügt die DLR-Energieforschung über umfassendes Know-how und langjährige Erfahrung. Der im Demonstrationsbetrieb hergestellte Kraftstoff steht Forschungs- und Pilotprojekten zur Verfügung, die den Einsatz in konkreten Anwendungen erproben.“

„Hier geht es um Treibstoffe der Zukunft und es geht vor allem um wegweisende Technologien und notwendiges Know-how, welches entscheidend dazu beitragen wird, den Chemiestandort als zukunftsfähigen Treibstoffstandort weiterzuentwickeln und die Position Leunas als führenden Standort für nachhaltige Chemie in Europa weiter auszubauen“, betonte Christof Günther, Geschäftsführer der InfraLeuna.

Die Technologieplattform Power-to-Liquid-Kraftstoffe (TPP) wird über eine Kapazität von 2.500 Tonnen pro Jahr verfügen. Sie kann damit strombasierte Kraftstoffe in einem semi-industriellen Maßstab herstellen. Aufgrund ihres modularen Aufbaus kann die Anlage mit weiteren Komponenten nachgerüstet und die Produktionskapazität erhöht werden. So können auch zusätzliche Forschungsthemen integriert sowie alternative Herstellungs- und Prozessschritte untersucht werden.

Technologien und Prozesse einsatzreif für die Industrie machen

Mit der TPP schließt das DLR die Lücke zwischen Forschung und industrieller Produktion von Power-to-Liquid-Kraftstoffen. Dazu entwickeln, erproben und verbessern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – gemeinsam mit Beteiligten aus Industrie und Forschung – Prozesse und Verfahren, um diese Kraftstoffe in einem industriellen Maßstab herzustellen. Das „Hochskalieren“ der Technologien stellt eine zentrale Herausforderung dar: Denn nicht alles, was in kleinerem Maßstab im Labor funktioniert, lässt sich für eine industrielle Produktion einfach größer bauen. Das so gewonnene Know-how erproben die Forschenden direkt in der Praxis: Im Demonstrationsbetrieb stellt die TPP strombasierte Kraftstoffe im semi-industriellen Umfang her. Dabei untersucht das DLR auch, wie die Produktion betriebswirtschaftlich optimiert und Kosten gesenkt werden können.

„Effiziente und wirtschaftlich abbildbare Technologien, Verfahren und Prozesse für die Herstellung von Power-to-Liquid-Kraftstoffen – wie sie das DLR mit der TPP erforscht und entwickelt – sind eine entscheidende Voraussetzung, um diese Kraftstoffe in industriellem Maßstab herzustellen. Gleichzeitig bieten sie auch ein interessantes und zukunftsweisende Geschäftsfeld für Unternehmen aus der Luftfahrt, dem Mobilitäts- und Energiesektor sowie der Anlagen und Verfahrenstechnik. Genau hier sind Firmen aus Deutschland und Europa traditionell stark aufgestellt. Als praxisnahe Großforschungs- und Demonstrationsanlage ist die TPP ein Leuchtturmprojekt, das den Technologietransfer aus der Forschung in die Industrie beschleunigt und so für hiesige Unternehmen einen zentralen Wettbewerbsvorteil schafft“, erläuterte Prof. Dr.-Ing. Karsten-Lemmer, Mitglied des DLR-Vorstands und verantwortlich für Innovation, Transfer und wissenschaftliche Infrastrukturen.

Für optimale Eigenschaften: Kraftstoffe gezielt designen

Strombasierte Kraftstoffe haben das Potenzial, nicht nur größere Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO2) einzusparen, sondern auch die sogenannten Nicht-CO2-Effekte erheblich zu senken. Dazu gehört der Ausstoß von Stickoxiden, Rußpartikeln oder Wasserdampf. In der Luftfahrt können die Nicht-CO2-Effekte einen größeren Einfluss auf das Klima haben als das freigesetzte CO2 selbst. Zum Beispiel können Rußpartikel und Wasserdampf in der Atmosphäre Kondensstreifen verursachen, die einen zusätzlich wärmenden Effekt haben. Power-to-Liquid-Kraftstoffe bieten in diesem Kontext den Vorteil des „Fuel Designs“. Das heißt, ihre chemische Zusammensetzung lässt sich so optimieren, dass beim Verbrennungsprozess beispielsweise kein Ruß oder Feinstaub mehr entstehen.

Foto: Symbolischer Baubeginn der Technologieplattform Power-to-Liquid-Kraftstoffe

Von links: Dr. Christof Günther (Geschäftsführer InfraLeuna), Prof. Dr. Meike Jipp (DLR-Bereichsvorständin Energie und Verkehr), Dr. Volker Wissing (Bundesminister für Digitalisierung und Verkehr), Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla (Vorstandsvorsitzende des DLR), Dr. Reiner Haseloff (Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt), Prof. Dr.-Ing. Karsten Lemmer (DLR-Vorstandsmitglied und zuständig für Innovation, Transfer und wissenschaftliche Infrastrukturen) und Prof. Dr. Manfred Aigner (DLR-Institut für Verbrennungstechnik) (c) DLR/KatrinKöhler