TÜRKEI: „Jetzt reicht es!“ Nach Imamoglu-Inhaftierung! Massenproteste! Aufstand gegen Erdogan

Veröffentlicht in: NACHRICHTEN | 0

Nach der Inhaftierung und vorĂŒbergehenden Absetzung des Istanbuler BĂŒrgermeisters Ekrem Imamoglu weiten sich die Proteste in der TĂŒrkei aus. In mehreren StĂ€dten des Landes zogen Hunderttausende durch die Straßen, unter anderem – trotz Demonstrationsverbots – auch in Istanbul und Ankara. Die Polizei setzte Berichten zufolge am spĂ€ten Abend Wasserwerfer und TrĂ€nengas gegen die Demonstrierenden ein. Imamoglus Partei CHP wĂ€hlte ihn kurz zuvor trotz Inhaftierung zum PrĂ€sidentschaftskandidaten.

Der Istanbuler BĂŒrgermeister gilt als aussichtsreichster Herausforderer von PrĂ€sident Recep Tayyip Erdogan bei der fĂŒr 2028 angesetzten Wahl. Er war am Mittwoch im Zusammenhang mit Korruptions- und Terrorermittlungen festgenommen und schließlich am Sonntag wegen KorruptionsvorwĂŒrfen in Untersuchungshaft ĂŒberfĂŒhrt worden. Überdies werden Terrorermittlungen gegen ihn gefĂŒhrt. Seit der Festnahme gibt es landesweite Proteste dagegen – mittlerweile den fĂŒnften Tag in Folge.

Imamoglu selbst bestreitet alle VorwĂŒrfe und wirft seinerseits der Regierung vor, ihn mit den Ermittlungen als politischen Rivalen kaltstellen zu wollen. Das Innenministerium erkannte ihm wegen der Untersuchungshaft das BĂŒrgermeisteramt ab. Das Ministerium sprach dabei von einem «vorĂŒbergehenden» Schritt. Medienberichten zufolge wurde er in ein GefĂ€ngnis in Silivri gebracht.

Große Zustimmung fĂŒr Imamoglu bei parteiinterner Abstimmung

Trotz der Untersuchungshaft votierten in einer parteiinternen Abstimmung 1,6 Millionen der 1,7 Millionen CHP-Mitglieder fĂŒr Imamoglu als PrĂ€sidentschaftskandidaten, wie Parteichef ÖzgĂŒr Özel am Abend bei einer Kundgebung in Istanbul sagte. Özel sprach von einer «historischen Wahl». Doch wegen der gegen Imamoglu laufenden Ermittlungen, die das Land seit Tagen in Aufruhr versetzen, steht ein großes Fragezeichen hinter der politischen Zukunft des 53-JĂ€hrigen.

ZusĂ€tzlich hatte die Partei sogenannte SolidaritĂ€tswahlboxen aufgestellt – dort konnten Menschen symbolisch ihre Stimme fĂŒr Imamoglu abgeben. Özel zufolge kĂ€me man nach AuszĂ€hlung von etwas mehr als der HĂ€lfte der SolidaritĂ€ts-Urnen bereits auf mehr als 13 Millionen symbolische Stimmen fĂŒr Imamoglu. Die TĂŒrkei hat 85,6 Millionen Einwohner.

Die Wahl, in der Imamoglu als einziger Kandidat antrat, war bereits vor seiner Festnahme angesetzt worden. Die Partei öffnete sie danach symbolisch fĂŒr Nicht-Parteimitglieder. Offizieller Kandidat ist Imamoglu erst, wenn die als regierungsfreundlich geltende tĂŒrkische Wahlbehörde YSK seine Kandidatur bestĂ€tigt. Sollten die Ermittlungen nicht eingestellt werden, ist die Annahme seiner Kandidatur unwahrscheinlich.

DarĂŒber hinaus war Imamoglu einen Tag vor seiner Festnahme sein UniversitĂ€tsabschluss aberkannt worden. Dieser ist Voraussetzung fĂŒr eine Kandidatur fĂŒr das PrĂ€sidentenamt. Umfragen sagen Imamoglu bisher gute Chancen gegen den seit 2003 abwechselnd als Regierungschef oder PrĂ€sident an der Staatsspitze stehenden Erdogan voraus.

CHP-Chef spricht von einer Million Demonstranten in Istanbul

Zu dem Protest am Sonntagabend in der Millionenmetropole Istanbul fanden sich vor der Stadtverwaltung auf dem Sarachane-Platz Hunderttausende ein. Der CHP-Chef sprach von einer Million Teilnehmern. Von lokalen Behörden gibt es keine Angaben zu der GrĂ¶ĂŸe der Demonstrationen. Auch in Ankara setzten Tausende Menschen Berichten zufolge die Proteste fort. Laut Innenministerium wurden rund 700 Menschen festgenommen.

«Erdogan: Jetzt reicht es»

«Ich grĂŒĂŸe die Millionen, die heute Abend auf dem Sarachane-Platz und auf den PlĂ€tzen ĂŒberall in meinem Land ihre Stimme erhoben haben», hieß es in einer Mitteilung, die auf Imamoglus X-Account veröffentlicht wurde. «Sie haben Erdogan gesagt: „Jetzt reicht es!“.»

Auch die BĂŒrgermeister der Istanbuler Gemeinden BeylikdĂŒzĂŒ und Sisli wurden abgesetzt, in Sisli wurde ein Zwangsverwalter bestimmt. Ob fĂŒr die politisch bedeutsame Metropole Istanbul nun ein regierungsnaher TreuhĂ€nder eingesetzt wird, ist noch unklar.

Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 24. MĂ€rz 2025