Während die Frontlinien in der Ostukraine weiter in Bewegung geraten, nimmt der Krieg auch auf diplomatischer Ebene neue Wendungen. Wie WELT-Korrespondent Christoph Wanner aus Kiew berichtet, versuchen russische Truppen aktuell, in die Provinz Dnipropetrowsk vorzudringen. Es wäre das erste Mal im bisherigen Krieg, dass Russland dort militärisch Fuß fasst – ein symbolischer und strategischer Schritt zugleich.
Laut Wanner könnte dieses Gebiet als Verhandlungsmasse dienen: Putin wolle mögliche Eroberungen später gegen ukrainisch kontrollierte Gebiete in den vier von Russland beanspruchten Provinzen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson eintauschen. Die russische Taktik sei klar: militärischer Druck zur Vorbereitung diplomatischer Forderungen.
Gleichzeitig zeichnet sich ein Rückschlag für die Ukraine im russischen Kernland ab: Der einst als spektakulärer Durchbruch gefeierte ukrainische Brückenkopf in der Provinz Kursk schrumpft laut Wanner dramatisch. Aus ehemals 1600 km² kontrollierter Fläche sind möglicherweise nur noch 60 km² übrig – „kaum mehr als eine mittelgroße Kreisstadt“, so Wanner. Auch dieser Raum galt als potenzielle Verhandlungsmasse für die Ukraine – eine Option, die nun zu verschwinden droht.
Neben dem militärischen Geschehen beleuchtet Wanner auch diplomatische Vorgänge im Hintergrund. So versucht Putins Wirtschaftsmann Kiril Dmitriew, über US-Wirtschaftskontakte und Deals Einfluss auf mögliche Friedenslinien zu nehmen – besonders mit Blick auf den US-Wahlkampf. Das sorgt in Kiew für Empörung. Präsident Selenskyj beschimpfte Dmitriew offen als „Separatisten“. Wanner bewertet diese Äußerung allerdings als „gewagt“ – Dmitriew wurde zu Sowjetzeiten in Kiew geboren, genau wie der ukrainische Oberbefehlshaber Syrskyj in Russland. Die Aussage sei historisch schwierig einzuordnen.
Auch wenn offizielle Friedensgespräche derzeit nicht sichtbar sind, so Wanner, finden im Hintergrund offenbar gezielte Sondierungen zwischen Russland und den USA statt. Das Ziel Moskaus: einen Krieg zu russischen Bedingungen beenden – notfalls auch durch wirtschaftliche Anreize für Washington.
Text/Foto: Welt Nachrichtensender am 10. April 2025