Der Drömling ist auf dem Weg zum UNESCO-Biosphärenreservat: Mitte Mai 2022 hatten die Umweltminister aus Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, Prof. Dr. Armin Willingmann (Foto) und Olaf Lies, den Antrag zur internationalen Anerkennung der einzigartigen Niedermoorlandschaft unterzeichnet – mit einer Entscheidung wird im kommenden Jahr gerechnet. Die Grundlagen dafür wurden aber bereits deutlich früher gelegt und haben ihren Ursprung direkt bei den Akteuren in der Region. Ein Meilenstein auf dem Weg zum angestrebten UNESCO-Gütesiegel ist u.a. die im November 1991 erfolgte Gründung des „Zweckverbands Drömling“ (heute „Zweckverband Natur- und Kulturlandschaft Drömling Sachsen-Anhalt“; ZVD), der zwischen 1992 und 2012 das von Bund und Land geförderte Naturschutzgroßprojekt zur Renaturierung der bedeutenden Moorlandschaft umgesetzt und in der Folge zur weiteren positiven Entwicklung im „Land der 1.000 Gräben“ beigetragen hat.
Nachdem die Feier zum 30-jährigen ZVD-Jubiläum im vergangenen Jahr coronabedingt verschoben werden musste, konnte Umweltminister Willingmann heute nachträglich gratulieren: „Die Entwicklung im Drömling ist beispielhaft. Mit viel Arbeit, Engagement und finanzieller Unterstützung konnten die Auswirkungen der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung an vielen Stellen rückgängig gemacht werden. Heute ist der Drömling ein Mosaik aus wichtigen Moorlebensräumen, Feuchtwäldern und Nasswiesen sowie sonstigen wertvollen Biotopen. Dadurch hat er große Bedeutung für Artenvielfalt und Klimaschutz.“
Was Anfang der 1990er Jahre im Drömling begonnen wurde, sei heute mit Blick auf den Klimawandel umso bedeutender, so der Minister. Denn trockengelegte Moore sorgen durch Mineralisierung der organischen Substanz im Boden für erhebliche CO2-Emissionen. Diese liegen in Sachsen-Anhalt nach Berechnungen des Thünen-Instituts in etwa so hoch wie der Ausstoß durch Heizöl- und Erdgasverbrauch aller privaten Haushalte. „Die Wiedervernässung unserer Moore kann also erheblich zum Klimaschutz beitragen. Deshalb wird das Umweltministerium entsprechende Projekte in den nächsten Jahren konsequent unterstützen“, sagte Willingmann.
ZVD-Geschäftsführer Matthias Kausche ergänzte: „Im Rückblick auf 30 Jahre Zweckverband können wir heute festhalten, dass im Drömling frühzeitig die Weichen in die richtige Richtung gestellt worden sind. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen wie Klimaveränderung und Dürreperioden. Das Engagement der Beteiligten und die nicht immer einfache, aber letztlich konstruktive Zusammenarbeit aller Interessengruppen haben den Pflege- und Entwicklungsplan Drömling Realität werden lassen. Er wird den heutigen gesellschaftlichen Ansprüchen an die Vereinbarkeit von Ökologie und Wirtschaften in hohem Maße gerecht.“ Der Zweckverband werde auch künftig dafür Sorge tragen, dass die ökologischen Grundlagen, auf die sich das Biosphärenreservat stützt, erhalten und gesichert bleiben. „Um dafür eine belastbare Datenbasis zu haben, baut der Verband derzeit ein langfristig umsetzbares Monitoring-System für Grünland, Wälder sowie Moorböden und Gewässer auf. Auf dieser Grundlage sollen zukünftige ökologische Stress-Situationen erkannt werden, um mit entsprechenden Anpassungsstrategien weiterhin eine positive ökologische Entwicklung des Drömling zu gewährleisten.“
Gründungsmitglieder des heutigen „Zweckverbands Natur- und Kulturlandschaft Drömling Sachsen-Anhalt“ waren 1991 die Naturschutzorganisation WWF sowie die damaligen Landkreise Klötze, Gardelegen und Haldensleben. In zwei Phasen des Naturschutzgroßprojekts zur Wiedervernässung des Drömling hat der Verband von 1992 bis 2003 sowie von 2008 bis 2012 u.a. große Flächen angekauft, auf denen Wiesensenken, Kleingewässer und Feuchtbiotope angelegt sowie der Waldumbau eingeleitet wurde. Zudem sind Altlasten beseitigt worden, u.a. durch den Rückbau landwirtschaftlicher Bauten und Kolonie-Ruinen. Seit dem Abschluss des Großprojekts liegt der Fokus des ZVD, der zugleich größter Flächeneigentümer im Drömling ist, v.a. auf dem langfristigen Erhalt der Projektflächen sowie der sanften touristischen Entwicklung durch Besucherlenkung und -information.
Hintergrund:
Das geplante „UNESCO Biosphärenreservat Drömling“ soll eine Fläche von 45.370 Hektar umfassen; davon liegen drei Viertel (34.070 Hektar) in Sachsen-Anhalt und ein Viertel (11.300 Hektar) im benachbarten Niedersachsen. Der Drömling ist geprägt von ausgedehnten Grünlandflächen, Feuchtwäldern sowie einem engen Netz von Gräben mit einer Gesamtlänge von rund 2.200 Kilometern. Etwa 4.400 Hektar werden von Niedermooren und 5.000 Hektar von Anmooren eingenommen. In der vielfältigen Landschaft finden sich auf engstem Raum seltene Pflanzen- und Tierarten wie Fischotter, Seeadler oder Schilfrohrsänger
Biosphärenreservate dienen nicht allein dem Naturschutz; sie sind vielmehr Modellregionen für nachhaltige Entwicklung. Hier soll beispielhaft erprobt werden, wie sich Klima- und Naturschutz gewinnbringend mit Wirtschaft, regionaler Identitätsstärkung und Bildung verbinden lassen.
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