UniversitĂ€tskinderklinik Magdeburg: Kleinwuchs – mehr als nur ein paar Zentimeter

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Weltweite Zulassungsstudie in Kooperation mit der UniversitĂ€tskinderklinik Magdeburg belegt bei frĂŒhzeitiger Behandlung Wachstumssteigerung durch Medikamententherapie bei Achondroplasie. 

Magdeburg. Achondroplasie ist eine seltene Erkrankung, bei der genetisch bedingt das Knochenwachstum beeintrĂ€chtigt ist und zu einem disproportionierten Kleinwuchs fĂŒhrt. Weltweit sind 250.000 Menschen von diesem Gendefekt betroffen. Bislang konnte die KörpergrĂ¶ĂŸe nur durch einen operativen Eingriff, der mit Risiken verbunden ist, verĂ€ndert werden. Seit 2021 gibt es fĂŒr Betroffene mit dem Medikament Vosoritid (VoxzogoÂź, Biomarin International) erstmals eine zielgerichtete Therapieoption, die laut Studiendaten bei 121 Achondroplasie-Patient:innen zu einer Verbesserung des Knochenwachstums fĂŒhrt. Neben Zentren in Australien, USA und Japan ist die Magdeburger UniversitĂ€tskinderklinik eines der europĂ€ischen Studienzentren. Derzeit werden an der Unikinderklinik Magdeburg 24 Kinder und Jugendliche behandelt. Ziel der langfristigen Beobachtungen ist es, neben der reinen KörpergrĂ¶ĂŸe auch den Einfluss auf die Disproportionen des Körpers ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum zu untersuchen.

Prof. Dr. med. Klaus Mohnike, Leiter des deutschen Achondroplasieregisters und Zentrumsleiter in Magdeburg, erklĂ€rt: „Mit Vosoritid ist nun eine Therapie verfĂŒgbar, die auf die molekulare Ursache der Achondroplasie abzielt und den Patientinnen und Patienten damit neue Perspektiven bieten kann. Die ersten 5-Jahres-Ergebnisse zeigen ein Wachstumsplus von 9 Zentimetern im Vergleich zu unbehandelten Patientinnen und Patienten.“

Bei der Achondroplasie wird die Umwandlung von Knorpel in Knochen verhindert und das Knochenwachstum gehemmt. Dadurch sind vor allem Oberarme und Oberschenkel verkĂŒrzt. Auch die WirbelsĂ€ule wĂ€chst bei den Betroffenen nicht gleichmĂ€ĂŸig und es kommt zu einem disproportionierten Kleinwuchs. Betroffene erreichen eine durchschnittliche KörpergrĂ¶ĂŸe von 125 bis 130 Zentimetern. Die Ursache ist eine krankhafte VerĂ€nderung (Punktmutation) in dem Gen fĂŒr den Fibroblastenwachstumsfaktor-Rezeptor (FGFR-3). Diese sorgt fĂŒr eine Daueraktivierung des Signalweges. In der Folge erhalten die Knorpelzellen in der Wachstumsfuge des Knochens falsche Wachstumssignale.

Der Alltag von Achondroplasie-Betroffenen ist durch den Kleinwuchs deutlich eingeschrĂ€nkt und wird durch zahlreiche Folgeerscheinungen wie eine verkleinerte SchĂ€delbasis mit hochgradiger Enge des Hinterhauptslochs und RĂŒckenmarkskompression sowie einer Enge des Wirbelkanals mit einhergehenden RĂŒcken- und Beinschmerzen begleitet. Die Wachstumsstörung der SchĂ€delbasisknochen fĂŒhrt zu chronischen Erkrankungen im HNO-Bereich. Eine obstruktive Schlafapnoe, Ateminsuffizienz und erhöhte Sterblichkeit in den ersten Lebensjahren sind ebenfalls eine Folge. „Bisherige operative Behandlungsoptionen stellen fĂŒr die Betroffenen eine erhebliche Belastung dar“, erlĂ€utert der Facharzt fĂŒr Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt fĂŒr Endokrinologie.

Prof. Mohnike befasst sich seit ĂŒber 40 Jahren und mittlerweile auch ĂŒber seinen Ruhestand hinaus gemeinsam mit OberĂ€rztin Dr. med. Katja Palm und dem Team der Kinderklinik mit der Erkennung und Behandlung seltener Wachstumsstörungen. „Seit Marktzulassung zeigt das Medikament auch außerhalb klinischer Studien eine gute VertrĂ€glichkeit und Wirksamkeit. Wir erwarten neben einem signifikanten LĂ€ngenwachstum, dass wir einem Teil der Betroffenen in Zukunft belastende operative Eingriffe ersparen können“, so Prof. Dr. Mohnike.

Studiendaten

In einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten 52-wöchigen Studie erhielten 121 Achondroplasie-Patient:innen zwischen 5 und 18 Jahren tÀglich 15 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht Vosoritid subkutan. Die Kinder in der Verumgruppe wuchsen in einem Jahr durchschnittlich 1,57 Zentimeter mehr als in der Placebogruppe. Dabei wuchsen die Knochen der WirbelsÀule und der ExtremitÀten proportional. Die hÀufigsten Nebenwirkungen waren Reaktionen an der Einstichstelle (85 %, bei Placebo 82 %), Hypotonie (13 %) und Erbrechen. Die Studie wurde das Pharmaunternehmen Biomarin International finanziert.

Hintergrund                                                                              

Vosoritid (VoxzogoÂź) ist ein modifiziertes rekombinantes Analogon des C-Typ-natriuretischen Peptids (CNP) und ein positiver Regulator des enchondralen Knochenwachstums. VoxzogoÂź ist indiziert fĂŒr die Behandlung von Achondroplasie bei Patienten ab 2 Jahren, deren Epiphysen nicht geschlossen sind. Die Diagnose der Achondroplasie sollte durch entsprechende genetische Tests bestĂ€tigt werden.

Produktinformation: https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-

information/voxzogo-epar-product-information_en.pdf.

Kontakte:

Prof. Dr. med. Klaus Mohnike, Leiter des Mitteldeutschen Kompetenznetzes Seltener Erkrankungen, E-Mail: Klaus.Mohnike@med.ovgu.de, Tel.: 0391/67 24024.

Dr. med. Katja Palm, PĂ€diatrische Endokrinologin und OberĂ€rztin der UniversitĂ€tskinderklinik Magdeburg, E-Mail: katja.palm@med.ovgu.de, Tel.: 0391/67 24024.

Foto: Seit gut 11 Monaten wird die 9-jĂ€hrige Alina in Magdeburg mit Vosoritid behandelt und es konnte bei ihr eine Zunahme der Wachstumsgeschwindigkeit festgestellt werden. DarĂŒber hinaus erfasst OberĂ€rztin Dr. Palm (links) mit ihrem Team alle drei Monate weitere Messdaten wie beispielsweise den Kopfumfang. (c) Foto: Sarah Kossmann/UMMD