Selbst wenn man ein GebĂ€ude niemals betreten hat, eines kann doch jedermann auch von auĂen einigermaĂen beurteilen: die Fassade. Sie ist das AushĂ€ngeschild von Wohnanlagen, Privat- und GeschĂ€ftshĂ€usern. Immer wieder gibt es Streit um diesen âschönen Scheinâ. Zum Beispiel dann, wenn Mieter oder EigentĂŒmer das Erscheinungsbild der Fassade durch eigene MaĂnahmen optisch verĂ€ndern oder wenn die Bausubstanz angegriffen ist.
Urteile im Detail
Nicht immer sind sich Vermieter und Mieter grĂŒn. Es ist durchaus das Recht jeder Partei, seine Meinung kundzutun. Wenn jedoch Mieter Fassade und Hausflur mit vermieterfeindlichen Parolen beschmieren, dann sind die Grenzen des Erlaubten weit ĂŒberschritten und es kann nach Ăberzeugung des Amtsgerichts Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 2 C 42/19) eine fristlose KĂŒndigung erfolgen. Konkret hatte ein Mieter mit einem dicken schwarzen Stift seine Anmerkungen an die WĂ€nde geschrieben und war von einem Sicherheitsdienst dabei erwischt worden.
Ein heikler Punkt der Fassadengestaltung sind die Fenster. In der Regel können hier keine eigenmĂ€chtigen VerĂ€nderungen vorgenommen werden. Ein EigentĂŒmer fragte bei der Gemeinschaft an, ob er ein französisches Fenster (sieht Ă€hnlich aus wie eine BalkontĂŒre ohne Balkon) einbauen dĂŒrfe. Das wurde ihm verwehrt. Doch die Gerichte (Letztentscheidung durch den Bundesgerichtshof, Aktenzeichen V ZR 291/17) sahen das nicht so. Diese bauliche VerĂ€nderung fĂŒge sich in die Fassadenansicht ein, den MiteigentĂŒmern entstehe dadurch kein ĂŒbermĂ€Ăiger Nachteil.
Wir leben in Zeiten der WĂ€rmedĂ€mmung. Durch diese MaĂnahme soll verhindert werden, dass zu viel Heizenergie nach auĂen tritt und es damit zur Verschwendung kostbarer Ressourcen kommt. Doch nachtrĂ€gliche WĂ€rmedĂ€mmung kann eine Fassade auch âdickerâ machen und das muss sich der Nachbar nicht unbedingt gefallen lassen. In einem Fall hatte die MaĂnahme zum Ăberbau eines NachbargrundstĂŒcks gefĂŒhrt. Das Bayerische Oberste Landesgericht (Aktenzeichen 1 ZRR 4/19) vertrat die Meinung, der EigentĂŒmer hĂ€tte dies vermeiden und auch zu alternativen MaĂnahmen wie einer InnendĂ€mmung greifen können.
Wenn ein EigentĂŒmer Arbeiten an der Fassade seines GebĂ€udes vornehmen lĂ€sst, dann muss er seinen Mietern ein zuvor vorhandenes AuĂenrollo erhalten und darf nicht einfach darauf verzichten. Mit dieser Forderung setzte sich ein Mieter vor dem Amtsgericht MĂŒnchen (Aktenzeichen 473 C 22571/18) durch. Er bewohnte eine Wohnung im Erdgeschoss und wollte auch nach dem Anbau eines Balkons auf sein Rollo nicht verzichten. Das Gericht gab ihm Recht.
Markisen können den Gesamteindruck eines GebĂ€udes massiv verĂ€ndern. Deswegen ist deren Einbau ohne Zustimmung der anderen EigentĂŒmer höchst riskant. Das Amtsgericht MĂŒnchen (Aktenzeichen 481 C 16896/17) verurteilte einen EigentĂŒmer dazu, eine an der Fassade angebrachte GaststĂ€ttenmarkise wieder zu entfernen. Es war im Vorfeld keine Zustimmung der EigentĂŒmergemeinschaft eingeholt worden.
In GroĂstĂ€dten stellen die Graffiti an Hausfassaden ein stĂ€ndiges Problem dar. Kaum sind die Schmierereien entfernt, kommt schon der nĂ€chste Sprayer, der die WĂ€nde verunstaltet. Die Mieter einer Wohnanlage mĂŒssen es nach Ansicht des Amtsgerichts Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 6 C 54/16) hinnehmen, dass die Kosten fĂŒr die regelmĂ€Ăige Graffitireinigung auf sie umgelegt werden. Das gilt zumindest dann, wenn die Fassade lediglich gereinigt und nicht zugleich ihre Substanz erneuert wird.
Zu den gröĂten Schrecken von Hausbesitzern gehört es, wenn sich Risse in der Fassade zeigen, denn sie deuten auf gröĂere, manchmal irreparable SchĂ€den hin. Finden zeitnah mit dem Auftreten von solchen Rissen in der NĂ€he Bauarbeiten statt, kann in einem Gerichtsverfahren der erste Anschein auf eine Verursachung der Risse durch diese hinweisen. Ist aber ein GebĂ€ude sehr alt, liegt es in einem Bergwerksgebiet und finden in der NĂ€he noch weitere Abrissarbeiten statt, darf nach Ansicht des Oberlandesgerichts DĂŒsseldorf (Aktenzeichen I-5 U 46/16) nicht auf solch eine BeweisfĂŒhrung dem ersten Anschein nach vertraut werden. Denn dort können mehrere Ă€uĂere Faktoren zu den SchĂ€den gefĂŒhrt haben.
FassadendĂ€mmungen und deren Vorarbeiten gehen nicht immer unbedingt leise von statten. Ein Wohnungsmieter, der nachts arbeiten musste, fĂŒhlte sich durch diese MaĂnahmen erheblich gestört. Das Amtsgericht Bremen (Aktenzeichen 6 C 186/16) kam ihm entgegen und verurteilte den Vermieter dazu, nach 13 Uhr auf lĂ€rmintensive Modernisierungsarbeiten zu verzichten, damit der Mieter vor Arbeitsantritt noch Schlaf finden konnte.
Schön sieht es nicht aus, wenn eine Fassade kleinere PutzschĂ€den, Graffiti und sonstige Abnutzungen aufweist. Doch das ist noch lange kein Grund, ein Mieterhöhungsverlangen des EigentĂŒmers zurĂŒckzuweisen. Denn solche Erscheinungen gehören laut Urteil des Amtsgerichts Berlin-Mitte (Aktenzeichen 21 C 43/14) zu Dingen mit denen man in einem groĂstĂ€dtischen Wohngebiet rechnen muss. Die QualitĂ€t des WohngebĂ€udes selbst wird dadurch nicht gemindert.
So schön der Efeu als Fassadenschmuck sein kann, so sehr handelt man sich damit auch ungewollte Störungen ein. Wenn Vögel im Efeu nisten, kommt es fĂŒr die Hausbewohner zu LĂ€rmbelĂ€stigungen und zu Verschmutzungen. Ergeben sich daraus keine schwerwiegenden Störungen, dann hĂ€lt das Amtsgericht Berlin-Köpenick (Aktenzeichen 12 C 384/12) deswegen eine Mietminderung nicht fĂŒr gerechtfertigt.