Magdeburg. Das Stadtarchiv hat mit finanzieller Unterstützung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sein Projekt „Magdeburger Spuren“ fortgesetzt. Insgesamt 1.531 Quellen zur Stadtgeschichte vor dem Jahr 1631 können nun online unter www.magdeburger-spuren.de entdeckt werden.
Durch die „Magdeburger Spuren“ überwindet das Stadtarchiv Schritt für Schritt die in den Kriegen 1631 und 1945 erlittene Amnesie des kulturellen Gedächtnisses. In der zweiten Projektphase konnte die Datenbank um 751 Dokumente und 3.200 Digitalisate erweitert werden. Die Zahl der online nutzbaren „Magdeburger Spuren“ hat sich damit nahezu verdoppelt.
Ermöglicht wurde dies durch eine Förderung in Höhe von ca. 77.000 Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des REACT-EU-Ansatzes, mit dem die coronabedingten Lücken der ersten Projektphase geschlossen werden konnten.
Elf herausragende Einzeldokumente stehen stellvertretend für die Fülle der Neufunde. Sie werden als Schaufensterstücke eingehend kommentiert und vorgestellt. Dazu gehört ein Schreiben der Brauer aus Sudenburg vom 24. Februar 1620, mit dem sie einen Rechtsstreit vor dem Reichskammergericht führten. Das Schreiben ziert der älteste bekannte Abdruck eines Siegels dieser Innung. Über Magdeburgs Finanzkraft gibt eine Spur Auskunft, die zeigt, dass Rat und Innungsmeister der Altstadt 1604 den Kaiser Rudolf II. mit einem großen Kredit über 50.000 Taler unterstützten. Schon zehn Jahre zuvor hatte sich die Elbestadt verpflichtet, für den Krieg gegen die Türken mehrere Wagenladungen Schießpulver zu liefern.
Die kleine virtuelle Ausstellung im Schaufenster umfasst bereits mehr als 30 Geschichten und wird weiter ausgebaut. Hier bringen sich Studierende der Universität Leipzig und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ein. Sie werten die bereitgestellten Quellen für ihre Seminararbeiten aus und beteiligen sich an der Ausgestaltung neuer Schaufenster. Als nächstes wird ein Schaufensterdokument der Leipzigerin Katharina Simowitsch veröffentlicht. Es stellt die „Artikel des Volkes“ vom Mai 1524 vor, die den Druck der Straße sichtbar machen, der Magdeburg zu einer Hochburg der Reformation werden ließ. Im Sommer kann das Stadtarchiv zwei weitere Studierende zu einem Praktikum an den „Magdeburger Spuren“ begrüßen.
Neu auf der Internetseite ist ein Blog, in dem das Stadtarchiv regelmäßig über Funde und über neue Projektpartner aus der Scientific community informiert. Zudem können alle Nutzer*innen ihre Hinweise und Vorschläge mit einer Kommentar-Option direkt in die Spuren einbringen.
Prof. Dr. Christoph Volkmar, Direktor des Stadtarchivs, ist glücklich darüber, dass die EU-Förderung zu so guten Ergebnissen geführt hat: „Erneut sind wir überwältigt von der unerwarteten Fülle der Funde. Aber die guten Zahlen sind gar nicht so wichtig wie die Funde selbst. Denn jedes einzelne Stück erzählt eine unbekannte Geschichte aus Magdeburgs reicher Vergangenheit, die nun wiederentdeckt werden kann.“
Die Spurensuche soll auch künftig weitergehen. Das Stadtarchiv hat in mehr als 30 Archiven Quellen vorrecherchiert, die künftig noch entdeckt werden können. Zu diesen potentiellen Fundorten gehören nun auch fünf polnische Archive (Wroclaw/Breslau, Górze/Grünberg, Poznan/Posen, Szczecin/Stettin, Torun/Thorn) und das estnischen Stadtarchiv Tallinn/Reval.
Foto (c) Landeshauptstadt Magdeburg