Zum 1. Januar 2023 wurde das Vormundschafts- und Betreuungsrecht umfassend reformiert. Der neue § 1358 BGB gibt Ehegatten fĂŒr den Notfall ein gegenseitiges Vertretungsrecht im Bereich der Gesundheitssorge. Dieses ist allerdings an enge Voraussetzungen gebunden, auf Gesundheitsangelegenheiten beschrĂ€nkt und greift nur fĂŒr maximal sechs Monate. Dauerhafte und umfassendere Handlungsmöglichkeiten schaffen insoweit General- und Vorsorgevollmachten.
Einsatz des Notvertretungsrechts
Vorausgesetzt ein Ehepartner ist aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls nicht mehr handlungs- und entscheidungsfĂ€hig, kann sich ab diesem Jahr der andere Ehepartner gegenĂŒber dem behandelnden Arzt auf sein Notvertretungsrecht berufen. âAllerdings muss der Arzt bei der erstmaligen AusĂŒbung des Notvertretungsrechts prĂŒfen, ob die Voraussetzungen erfĂŒllt sind oder AusschlussgrĂŒnde vorliegen, also kein Betreuer bestellt und keine Vorsorgevollmacht erteilt istâ, erlĂ€utert Stephanie Reber, Notarassessorin der Landesnotarkammer Bayern. Ein weiterer Ausschlussgrund ist z.B. die Eintragung eines Widerspruchs gegen das Ehegattenvertretungsrecht im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR). Der vertretende Ehegatte muss dem Arzt darĂŒber hinaus schriftlich u.a. bestĂ€tigen, dass er das Vertretungsrecht bisher noch nicht ausgeĂŒbt hat und seines Wissens kein Ausschlussgrund vorliegt, insbesondere also keine andere Vertrauensperson ĂŒber eine Vollmacht verfĂŒgt.
Nachdem der Arzt von seinem Einsichtsrecht in das ZVR Gebrauch gemacht hat, fasst er sÀmtliche eingeholte Informationen in einer Bescheinigung zusammen und hÀlt insbesondere den Zeitpunkt der Entstehung des Vertretungsrechts fest, um die sechsmonatige Ausschlussfrist bestimmen zu können. Bei allen weiteren Vertretungshandlungen im Rahmen des Notvertretungsrechts muss der vertretende Ehepartner dieses Nachweisdokument vorlegen.
EinschrÀnkungen des Notvertretungsrechts
âGut an der Neuregelung istâ, fasst Reber zusammen, âdass es fĂŒr die akute Notsituation nun Handlungsmöglichkeiten fĂŒr den Ehepartner gibt.â Das Ehegattenvertretungsrecht ist als gesetzliche Auffanglösung fĂŒr NotfĂ€lle jedoch beschrĂ€nkt. Es kann und soll also weder die Erteilung einer (General- und) Vorsorgevollmacht noch das gesetzlich ansonsten vorgesehene Betreuungsverfahren dauerhaft ersetzen. Insbesondere hilft das Notvertretungsrecht bei lĂ€nger anhaltenden KrankheitszustĂ€nden auf Dauer nicht weiter und schiebt die Einleitung eines Betreuungsverfahrens nur um maximal sechs Monate auf, das ohne Erteilung einer Vorsorgevollmacht spĂ€testens nach Ablauf dieser Frist erforderlich bleibt. Ferner ist ausschlieĂlich der Bereich der Gesundheits-, nicht jedoch der der Vermögensangelegenheiten umfasst.
In diesem Zusammenhang kann der Ehepartner zwar zum Beispiel Versicherungsleistungen oder BeihilfeansprĂŒche fĂŒr den Partner geltend machen. âDem Ehegatten ist es jedoch nicht möglich, BehördengĂ€nge zu besorgen, Post zu öffnen oder Rechnungen mit dem Geld des vertretenen Ehegatten zu bezahlen bzw. BankgeschĂ€fte zu tĂ€tigenâ, erklĂ€rt Reber. Auch Entscheidungen wie der Abschluss eines Heimvertrags können vom Ehepartner im Rahmen des Notvertretungsrechts nicht getroffen werden, da der Abschluss langfristiger VertrĂ€ge ĂŒber das Ende des Vertretungsrechts hinaus nicht erfasst ist.
Die Neuregelung darf somit nicht darĂŒber hinwegtĂ€uschen, dass weiterhin nur die umfassende und selbstbestimmte Regelung der eigenen Angelegenheiten in einer General- und Vorsorgevollmacht eine dauerhafte und umfassende Vertretung ermöglicht, die im Regelfall eine Betreuerbestellung entbehrlich macht. âNur mithilfe der notariellen General- und Vorsorgevollmacht ist der Ehepartner auf Dauer und sogar ĂŒber den Tod des Partners hinaus sowohl in gesundheitlichen als auch in vermögensrechtlichen Angelegenheiten handlungsfĂ€higâ, mahnt Reber eindringlich.
Text/Notarkammer
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