Magdeburg. Um die Städte Magdeburg und Schönebeck vom aktuellen Elbe-Hochwasser zu entlasten, hat der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) am Donnerstag das Pretziener Wehr geöffnet. Erstmals seit dem Jahrhunderthochwasser 2013 wird nun rund ein Drittel des Elbe-Wassers im 21 Kilometer langen Umflutkanal an den Städten vorbeigeleitet. „Die intensiven Regenfälle in den vergangenen Wochen haben landesweit zu einem deutlichen Anstieg der Flusspegel geführt, so dass zehn Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser erstmalig wieder das Pretziener Wehr gezogen werden muss“, erklärte Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann. Der Minister und LHW-Direktorin Martina Große-Sudhues hatten sich am Donnerstag ein Bild von der Lage am Wehr gemacht.
„Der Schutz der Bevölkerung vor Hochwasser-Gefahren hat für uns oberste Priorität“, betonte der Umweltminister weiter. „Deshalb haben wir in den vergangenen Jahren konsequent in den Neubau und die Sanierung von Deichen und Hochwasserschutzanlagen investiert und sind jetzt gut gerüstet, um hochwasserbedingte Schäden so weit wie möglich zu vermeiden.“ Willingmann dankte in diesem Zusammenhang auch den Einsatzkräften, die bereits in den vergangenen Tagen vielerorts in Hochwassergebieten im Einsatz waren. „Mit großem Engagement haben die verantwortlichen Stäbe in den Kommunen gemeinsam mit vielen Einsatzkräften, Helferinnen und Helfern an Unstrut, Helme, Bode und vielen weiteren Gewässern alles dafür getan, um Schlimmeres zu verhindern. Ihnen sowie dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz gilt mein herzlicher Dank.“
LHW-Direktorin Große-Sudhues erklärte: „Es ist das erste Mal seit Bestehen des LHW, dass für alle Flussbereiche im Land Sachsen-Anhalt gleichzeitig eine Hochwasserlage vorherrscht. Seit dem Hochwasser 2002 wurden insgesamt 1,4 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz im Land investiert, so dass das Land für die aktuelle Hochwassersituation gut vorbereitet ist. Angesichts steigender Pegel im Bereich der Elbe gehört zur Vorsorge auch, dass das Pretziener Wehr als eine der bedeutendsten Hochwasserschutzanlagen im Land gezogen wird.“
Landesweit intensive Niederschläge sowie die Schneeschmelze durch milde Temperaturen im Harz und im Riesengebirge haben dazu geführt, dass die Elbe und weitere Gewässer mehr Wasser als üblich führen. Der LHW erwartet für den Pegel Barby einen Wasserstand von mehr als 592 Zentimetern. Das Wehr vollständig zu öffnen, dauert etwa fünf bis sechs Stunden. Das gibt der Natur zum einen die Zeit, das Wasser langsam aufzunehmen. Zum anderen trifft das Wasser nicht mit voller Wucht auf die Hochwasserschutzanlagen wie Dämme und Deiche. Durch das geöffnete Pretziener Wehr können 1200 bis 1400 Kubikmeter pro Sekunde in den Elbe-Umflutkanal strömen. Das entspricht etwa dem dreifachen Volumen eines Schwimmbeckens von 25 Metern Länge und 28 Metern Breite.
Technisches Denkmal und zugleich wichtige Schutzanlage
Das Pretziener Wehr wurde von 1871 bis 1875 errichtet. Es war damals eine Weltneuheit – ein technisches Wunderwerk. Heute ist die Anlage nicht nur technisches Denkmal und Wahrzeichen der Region, sondern auch wichtiger Bestandteil der Hochwasserschutzkonzeption des Landes Sachsen-Anhalt. 2010 wurde die Anlage resultierend aus dem Hochwasser 2002 und nach umfangreichen Voruntersuchungen komplett saniert, um für künftige Hochwasser gerüstet zu sein. Das Pretziener Wehr ist 163 Meter lang, 7,5 Meter breit und 3,7 Meter hoch. Es besteht aus neun Jochen mit jeweils 36 Wehrtafeln. Bei niedrigen Elbwasserständen sorgt es dafür, dass das Wasser der Elbe nicht in den Umflutkanal abfließt.
Quelle: Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt
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