Bis heute ist die Flut im rheinland-pfälzischen Ahrtal, die im Sommer vor drei Jahren 135 Menschen das Leben kostete und Milliardenschäden hinterließ, unvergessen. In Bad Neuenahr-Ahrweiler treffen sich an diesem Donnerstag und Freitag die Umweltministerinnen und -minister der Länder. Sie werden sich im Rahmen ihrer Herbstkonferenz ein Bild vom Wiederaufbau vor Ort machen und einmal mehr über Hochwasserschutz sowie die Regulierung von Schäden beraten, die durch Starkregen, Überschwemmungen und Hochwasser entstehen. Sachsen-Anhalts Umweltminister Prof. Dr. Armin Willingmann (Foto) sieht neue Chancen für die Einführung einer solidarischen Pflichtversicherung gegen Elementarschäden in Deutschland.
„Das Ahrtal muss uns eine Mahnung sein für konsequente Investitionen in Hochwasserschutz, aber auch für eine nachhaltigere Regulierung anfallender Schäden“, betonte Willingmann am Donnerstag. „Ich bedauere es sehr, dass das Bundesjustizministerium in den vergangenen Jahren die von vielen Seiten geforderte Einführung einer solidarischen Pflichtversicherung gegen Elementarschäden faktisch blockiert hat. Nach dem Bruch der Regierungskoalition in Berlin sehe ich aber zugleich neue Chancen für die Umsetzung eines solchen Versicherungsmodells. Wir brauchen hier mehr Pragmatismus und weniger liberale Ideologie.“
Willingmann wird deshalb bei der Umweltministerkonferenz auch einen Beschlussvorschlag aus Rheinland-Pfalz unterstützen, in dem das Bundesjustizministerium aufgefordert wird, „unverzüglich einen Regelungsvorschlag“ für eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden zu unterbreiten. Den dringenden Handlungsbedarf sieht der Minister, weil in Sachsen-Anhalt und Deutschland trotz allseits bekannter, gravierender Schadensereignisse noch immer nur rund jeder zweite Haushalt gegen Elementarschäden versichert ist. „Hochwasserschäden können schnell die ganze wirtschaftliche Existenz bedrohen, wenn kein Versicherungsschutz vorhanden ist“, warnt Willingmann. „Eigenverantwortung in Versicherungsfragen mag gut und wichtig sein. Wenn diese Eigenvorsorge aber nicht funktioniert und die Absicherungs-Quoten seit Jahren stagnieren, brauchen wir eine bessere Lösung. Und diese Lösung kann nicht immer nur in eilig aufgelegten staatlichen Hilfsprogrammen liegen, wenn es beispielsweise zu gravierenden Hochwasserschäden gekommen ist. Ich plädiere für eine solidarische Lösung in Form einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden.“
Vorbild Frankreich
Willingmann favorisiert eine Lösung nach französischem Vorbild. Im Nachbarland sind 98 Prozent der Haushalte gegen Elementarschäden versichert. Die hohe Beteiligung ermöglicht günstige Beiträge von durchschnittlich rund 40 Euro pro Jahr. „Das Modell wäre für Deutschland ein Gewinn. Was bei europäischen Nachbarn funktioniert, darf in Deutschland kein Tabu sein.“
Nach Angaben des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV) aus dem Februar 2024 sind von rund 650.000 Adressen in Sachsen-Anhalt rund 9.000 hochwassergefährdet. Die Versicherungsquote gegen Elementarschäden liegt in Sachsen-Anhalt wie auch im Bund seit Jahren nur bei rund 50 Prozent. Aktuell ist es für Hauseigentümer insbesondere in Risikogebieten oftmals nur schwer möglich, sich gegen Elementarschäden freiwillig zu versichern. Bereits 2015 kamen verschiedene Verbraucherzentralen zu dem Ergebnis, dass die Versicherungsprämien zum Teil die finanziellen Möglichkeiten der Eigentümer übersteigen.
Text/Foto: Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt am 28. November 2024