Die jetzt geplante Krankenhausreform ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Es gibt eine Reihe von Prüfaufträgen, deren Ergebnisse klären werden, wie die geplante Finanzreform und Neuformierung der Krankenhauslandschaft auf die Versorgung wirken. Absolut essenziell ist die in Aussicht gestellte laufende kritische Überprüfung des Reformprozesses.
Wir begrüßen ausdrücklich die Ankündigung von Bund und Ländern, rechtzeitig vor Fertigstellung des Referentenentwurfes eine belastbare Auswirkungsanalyse und Folgenabschätzung vorzulegen. Wir können uns eine Reform im Blindflug nicht leisten. Am Ende gibt es nur ein Qualitätskriterium, das zählt: Die Versorgung der Bevölkerung, ob in der Stadt oder in der Fläche, muss gesichert bleiben. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass sie in erreichbarer Entfernung die Versorgung erhalten, die sie brauchen. Daran dürfen keine Abstriche vorgenommen werden.
Ein ungeordnetes Krankenhaussterben auf dem Weg zum Umbau der Krankenhauslandschaft wäre das Schlechteste, was passieren kann. Das müssen Bund und Länder gemeinsam verhindern. Die Vorstellungen mancher Kassenfunktionäre und Gesundheitsökonomen, durch ein Wegfallen von 400 oder 600 Krankenhäusern könne die Versorgung ohne Qualitätsverluste aufrechterhalten werden, sind völlig irreal und hätten dramatische Folgen für die Versorgung der Patienten. Es ist daher richtig, zusätzliche Zuschläge für besonders versorgungsrelevante Bereiche vorzusehen und vergütungsneutrale Ausnahmetatbestände einzuräumen.
Die Reform steht und fällt aber mit den zur Verfügung gestellten Finanzmitteln für den Transformationsprozess. Es steht für uns außer Frage, dass eine solche Transformation ohne erhebliche Investitionen nicht gelingen kann. Schon die Zusammenlegung von Abteilungen ist nicht zum Nulltarif zu haben, wenn Umbauten nötig werden und Personal eingestellt werden muss. Das gilt erst recht für Fusionen. Selbst die Abwicklung eines Krankenhausstandortes setzt eine Finanzierung voraus. Längere Wege zu einzelnen Standorten muss der Rettungsdienst überbrücken. Hier fehlt es an zusätzlicher technischer Ausstattung und Personal. Dieser Aspekt ist bisher gänzlich unberücksichtigt.
Weltfremd und auch wirklich ärgerlich ist die Vorstellung, man könne im größeren Umfang Ärztinnen und Ärzte an Häusern weiterbilden, die ein extrem eingeschränktes Leistungsspektrum haben. Das steht im Widerspruch zu einer qualitativ hochwertigen Weiterbildung der angehenden Kolleginnen und Kollegen und untergräbt die Arbeit der Ärztekammern und ihrer Mitglieder, die in freier Selbstbestimmung über Umfang und Dauer einzelner Weiterbildungsabschnitte entscheiden.
Für die Ärzteschaft ist es eine große Enttäuschung, dass sich Bund und Länder zu keiner wirklichen Entbürokratisierung durchringen konnten. Aus dem zentralen Ziel wird bei näherer Betrachtung ein Papiertiger. Außer ein paar Absichtserklärungen und Prüfaufträgen gibt es kaum etwas, das auf eine wirkliche Entlastung hindeutet. Weniger Bürokratie und Misstrauenskultur und mehr Zeit für die Patientenversorgung ‒ das wäre eine echte Revolution und in Zeiten des Fachkräftemangels essenziell.
Quelle: Marburger Bund
Foto: Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des Marburger Bundes (c) Marburger Bund – Bundesverband