Magdeburg/ST. Aus Anlass des bevorstehenden 70. Jahrestages des Volksaufstandes in der DDR am 17. Juni 1953 befasst sich der Landtag von Sachsen-Anhalt mit der Erinnerungskultur zu diesem herausragenden Ereignis der deutschen Geschichte. Die Fraktionsvorsitzende der SPD, Katja PĂ€hle (Foto), erinnerte in ihrem Redebeitrag an den Charakter der Protestbewegung:
âWas die SED-FĂŒhrung im Juni 1953 am stĂ€rksten alarmiert hat, das war, dass der Widerstand von den Arbeiterinnen und Arbeitern selbst ausging. Unzumutbare Arbeitsnormen, machtlose Gewerkschaftsleitungen, Bevormundung im Betrieb, Wahlen nach Einheitslisten â so sah der âArbeiter- und Bauernstaat‘ aus, den sich die mittlerweile vollkommen stalinistisch formierte Staats- und ParteifĂŒhrung vorstellte. Dass sich dagegen ĂŒberall in der DDR im Juni 1953 Widerstand regte, ganze Belegschaften demonstrierten und Betriebe besetzt wurden â das riss der DDR-FĂŒhrung die Maske vom Gesicht; nicht nur die demokratische, auch die sozialistische.
Deshalb musste das MĂ€rchen vom âfaschistischen Putschversuch“ in die Welt gesetzt werden. Deshalb richtete sich die Repression in der Folge insbesondere auch gegen kritische Gewerkschafter und gegen ehemalige Sozialdemokraten innerhalb und auĂerhalb der SED. Und deshalb griffen die DDR-FĂŒhrung und ihre sowjetischen VerbĂŒndeten zum Ă€uĂersten Mittel und schlugen einen friedlichen Aufstand mit brutaler Gewalt nieder.“
PĂ€hle schlug zudem den Bogen von 1953 ins Jahr 1989:
âUnser groĂes GlĂŒck war es, dass die Gewalt gegen die Proteste am 17. Juni nicht als Blaupause fĂŒr den 9. November diente. Das war alles andere als selbstverstĂ€ndlich. DafĂŒr musste vieles zusammenkommen:
- Das erfolgreiche Vorbild, dass andere Bewegungen wie SolidarnoĆÄ geboten hatten,
- die Tatsache, dass durch Glasnost und Perestroika kein sowjetisches Eingreifen mehr drohte,
- die Gewaltlosigkeit, die sich in der Parole âKeine Gewalt“ als Leitmotiv der Demonstrationen in Leipzig und anderswo zeigte,
- und die Einsicht auf der anderen Seite, dass das Spiel aus war â
all das hat uns 1989 eine friedliche, eine erfolgreiche Revolution beschert.“
Foto (c) Jens Schlueter