- Kinder aus Àrmeren VerhÀltnissen stÀrker betroffen
- Schwimmabzeichen: 58 Prozent der ZehnjÀhrigen noch keine sicheren Schwimmer
- DLRG PrÀsidentin fordert flÀchendeckenden Schwimmunterricht in Schulen
- LÀndlicher Raum: SchwimmbÀder seltener gut zu erreichen
Die Zahl der Grundschulkinder in Deutschland, die nicht schwimmen können, hat sich verdoppelt. Zu diesem Ergebnis kam eine reprĂ€sentative Umfrage von forsa im vergangenen Jahr. Die Befragung hatte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) nach zuletzt 2017 erneut in Auftrag gegeben. Damals konnten den Angaben der Eltern zufolge zehn Prozent der Kinder zwischen sechs und zehn Jahren nicht schwimmen. Nun sind es 20 Prozent. „Der Unterschied ist gravierend, aber angesichts der Entwicklungen in den vergangenen zwei bis drei Jahren auch wenig ĂŒberraschend“, sagte DLRG PrĂ€sidentin Ute Vogt.
WĂ€hrend der Corona-Pandemie hat ĂŒber lĂ€ngere ZeitrĂ€ume praktisch keine Schwimmausbildung stattfinden können. In der Folge haben aktuell 37 Prozent der Jungen und MĂ€dchen im Grundschulalter noch kein Schwimmabzeichen – auch nicht das auf das Schwimmen vorbereitende Seepferdchen: Der Anteil der Kinder mit dem beliebten Abzeichen ist gegenĂŒber 2017 von 69 auf 54 Prozent gesunken. „Dabei haben die DLRG und andere bereits ab dem Sommer 2021 vieles unternommen, um den RĂŒckstand wieder aufzuholen“, gibt Vogt zu bedenken. Die DLRG PrĂ€sidentin mahnt deshalb ein weiteres Mal: „Wie Jungen und MĂ€dchen lesen, schreiben und rechnen lernen, so mĂŒssen sie auch schwimmen lernen. Wir mĂŒssen dahin kommen, dass jedes Kind am Ende der Grundschule sicher schwimmen kann.“ Das gelte auch jetzt in der Energiekrise, in der eine ganze Reihe an Kommunen darĂŒber nachdenken, ihr Bad zu schlieĂen.
Viel mehr Nichtschwimmer in Àrmeren Haushalten
Die von der DLRG beauftragte Umfrage zeigte zudem deutlich auf, dass Jungen und MĂ€dchen in Familien mit einem geringen Haushaltseinkommen viel hĂ€ufiger Nichtschwimmer sind. Die HĂ€lfte (49%) der Kinder aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2.500 Euro kann nicht schwimmen. Hingegen sind es bei einem Haushaltsnettoeinkommen ĂŒber 4.000 Euro zwölf Prozent. Dazu Vogt: „Schwimmen zu können darf keine Frage des Geldes sein. Umso wichtiger ist es, dass jede Schule in die Lage versetzt wird, das Schwimmen angemessen zu unterrichten.“ Da die Schulen alle Kinder erreichen, lieĂen sich so derartige Unterschiede verringern. Auch wĂŒrde kĂŒnftig vermieden, dass Menschen mit einem Hauptschulabschluss (14%) dreimal und Menschen mit einem Migrationshintergrund (9%) doppelt so oft Nichtschwimmer wie der Durchschnitt der Bevölkerung ab 14 Jahre (5%) sind.
Zahl der sicheren Schwimmer nahezu unverÀndert
Mit 57 Prozent ist die Zahl der Kinder, die von ihren Eltern als sichere Schwimmer eingestuft werden, in etwa gleichgeblieben (2017: 59%). Diese EinschĂ€tzung fĂ€llt vielen Eltern jedoch schwer. „MĂŒtter und VĂ€ter sind noch allzu oft der Meinung, ihr Kind kann schwimmen, wenn es das Seepferdchen hat“, weiĂ der Leiter Ausbildung im DLRG PrĂ€sidium, Christian Landsberg. „Da sind sie jedoch auf dem Holzweg. Das Seepferdchen bescheinigt das Beherrschen von wichtigen Grundlagen. Sicher schwimmen kann erst, wer den Freischwimmer, also das Schwimmabzeichen Bronze, abgelegt hat“, so Landsberg weiter. Die DLRG gehe anhand der Angaben zu den abgelegten Schwimmabzeichen eher davon aus, dass derzeit sechs von zehn Kindern am Ende der Grundschule (58%) keine sicheren Schwimmer sind.
Die HĂ€lfte der 2.000 Befragten ab 14 Jahren gab an, selbst gut oder sehr gut schwimmen zu können. Einen nennenswerten Unterschied zwischen MĂ€nnern und Frauen gibt es nicht. Von den Personen mit einem Hauptschulabschluss beurteilten sich nur 35 Prozent als gute Schwimmer (Abiturienten: 54%), von den Menschen mit Migrationshintergrund 38 Prozent (ohne: 52%). Und auch Menschen ĂŒber 60 Jahre sind durchschnittlich weniger sicher im Wasser (37% gute Schwimmer). Die Befragung zeigte zudem, dass Ăltere, Menschen mit Migrationshintergrund und Personen mit geringerer formaler Bildung auch erst spĂ€ter schwimmen lernen.
Anzeichen fĂŒr weiter rĂŒcklĂ€ufige BĂ€derversorgung
Immerhin 87 Prozent der Befragten haben ein Schwimmbad in der nĂ€heren Umgebung, das gut zu erreichen sei. Im Jahr 2017 waren es 92 Prozent. Bei Menschen aus Orten unter 5.000 Einwohnern ist der Wert von 90 auf 78 Prozent gesunken. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Trend bei der BĂ€derversorgung weiter in die falsche Richtung lĂ€uft“, sagt DLRG Chefin Ute Vogt und fordert: „Bund, LĂ€nder und Kommunen mĂŒssen nun endlich an einem Runden Tisch zusammenkommen.“ Dieser sollte eine bundesweite Bedarfsanalyse auf den Weg bringen, mit der die Grundlage geschaffen wird, um spĂ€ter die MĂ€ngel in der BĂ€derinfrastruktur systematisch zu beheben.
Foto: Die Zahl der Nichtschwimmer im Grundschulalter hat sich gegenĂŒber dem Jahr 2017 verdoppelt. Die DLRG geht davon aus, dass am Ende der Grundschule rund 60 Prozent der SchĂŒlerinnen und SchĂŒler keine sicheren Schwimmer sind. (c) DLRG – Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft / Fotograf: Daniel-AndrĂ© Reinelt