Bei den Projektionswerten setzt sich der Trend der letzten Politbarometer-Umfragen fort: Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, könnte sich die SPD mit 20 Prozent (plus 1) erneut verbessern, die CDU/CSU würde sich mit 28 Prozent (minus 2) weiter verschlechtern, und die Grünen müssten mit 16 Prozent (minus 1) zum zweiten Mal in Folge einen Punkt abgeben. Die AfD würde dagegen auf 17 Prozent (plus 2) zulegen und läge damit vor den Grünen. Die FDP käme unverändert auf 6 Prozent, und die Linke bliebe bei 5 Prozent. Alle anderen Parteien erreichten zusammen 8 Prozent (unverändert), darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erzielen würde. Bei einem solchen Ergebnis hätte die Ampel-Koalition weiterhin keine parlamentarische Mehrheit. Reichen würde es für eine Koalition aus CDU/CSU und SPD und für ein Bündnis aus CDU/CSU, Grünen und FDP.
Anhaltende Unzufriedenheit mit der Bundesregierung
Wie vor drei Wochen (Mai I: 51 Prozent) meint auch jetzt gut die Hälfte der Befragten (51 Prozent), dass die Regierung ihre Arbeit eher schlecht macht. Nur noch 41 Prozent (43 Prozent) sprechen von eher guter Arbeit, darunter mehrheitlich nur die Anhängerschaften von SPD, Grünen und Linke (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils „weiß nicht“). Aber auch die Erwartungen an eine alternativ von der Union geführte Regierung fallen sehr gedämpft aus: Wäre die CDU/CSU an der Regierung, meinen 22 Prozent, sie würde ihre Sache besser machen, 25 Prozent sagen „schlechter“ und für 48 Prozent wäre da kein großer Unterschied.
Das Verhältnis von SPD, Grünen und FDP in der Bundesregierung wird von drei Viertel der Befragten (75 Prozent) als schlecht wahrgenommen (März III: 73 Prozent). Lediglich noch 16 Prozent (19 Prozent) bezeichnen das Koalitionsklima als gut.
Für die nur schleppend vorankommenden Vorhaben der Regierung machen mit 34 Prozent jetzt etwas mehr Befragte die FDP verantwortlich als noch Ende März (29 Prozent). Für 18 Prozent (19 Prozent) liegt das vor allem an den Grünen und nur für 3 Prozent (4 Prozent) an der SPD. 37 Prozent (40 Prozent) sehen die Schuld bei allen gleichermaßen.
Top Ten: Scholz klar verbessert – Habeck rutscht auf Tiefstwert
Bei der Beurteilung nach Sympathie und Leistung („Was halten Sie von?“) liegt Verteidigungsminister Boris Pistorius erneut mit deutlichem Abstand auf Platz eins. Er wird auf der Skala von plus 5 bis minus 5 mit einem Durchschnittswert von 2,0 (Mai I: 1,7) eingestuft. Auf Platz zwei kommt Olaf Scholz, der sich nach seinem Rekordtief Anfang Mai mit 0,5 (0,1) deutlich verbessern kann und auf Platz drei Annalena Baerbock mit 0,0 (0,1). Danach beginnt bereits der Negativbereich mit Christian Lindner, der mit minus 0,1 (minus 0,3) bewertet wird, und Karl Lauterbach, ebenfalls mit minus 0,1 (minus 0,3). Es folgen Friedrich Merz mit minus 0,3 (minus 0,4), Markus Söder mit minus 0,4 (minus 0,4) und Nancy Faeser mit minus 0,5 (minus 0,6). Robert Habeck fällt mit seinem bisher schlechtesten Wert von minus 0,6 (minus 0,2) von Rang vier auf Rang neun zurück. Am Ende der Liste steht weiterhin Sahra Wagenknecht mit minus 1,4 (minus 1,3).
Einbau neuer Heizungen ab 2024
Bei der Ausgestaltung des neuen Heizungsgesetzes gibt es insgesamt und auch innerhalb der Regierung viel Streit. Generell finden es 56 Prozent der Befragten gut, wenn Heizungen, die ab 2024 neu eingebaut werden, zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden sollen. 39 Prozent lehnen das ab, darunter knapp die Hälfte (49 Prozent) der Anhänger der CDU/CSU und 79 Prozent der AfD-Anhänger.
Geteilte Meinung beim Tempo der Klimaschutz-Maßnahmen
34 Prozent der Befragten geht die Umsetzung der Maßnahmen zum Klimaschutz in Deutschland zu schnell (Mai I: 34 Prozent). Für 16 Prozent (20 Prozent) ist es so gerade richtig und 42 Prozent (41 Prozent) finden, das geht zu langsam voran. Vor allem jüngeren Befragten (unter 35-Jährige: 60 Prozent) dauert die Umsetzung zu lange. Die Anhänger von AfD (66 Prozent), Union (50 Prozent) und FDP (44 Prozent) kritisieren besonders häufig ein zu schnelles Vorgehen.
Starke finanzielle Belastungen wegen der Klimaschutzmaßnahmen befürchten 48 Prozent für sich, etwa ebenso viele (49 Prozent) sehen diese für sich persönlich nicht.
Skepsis bei Integration von Flüchtlingen
Unterbringung und Integration von Geflüchteten sind zurzeit für Kommunen und Länder eine große Herausforderung. Mit 56 Prozent sind die meisten Befragten der Meinung, dass es nicht gelingen wird, die Flüchtlinge bei uns einzugliedern. Nur 37 Prozent gehen davon aus, dass die Integration erfolgreich sein wird. Große Bedenken diesbezüglich äußern vor allem die Anhänger von AfD (94 Prozent), CDU/CSU (67 Prozent) und FDP (64 Prozent).
Mehrheitlich unterstützt wird mit 58 Prozent die Forderung, dass die EU mehr Anstrengungen zum Schutz ihrer Außengrenzen unternimmt, damit weniger Flüchtlinge nach Europa kommen. Ein Drittel (33 Prozent) lehnt dies ab.
Präsidentschaftswahl in der Türkei
Am Sonntag findet in der Türkei die Stichwahl um das Präsidentenamt statt. Wenn der jetzige Präsident Erdogan erneut gewählt wird, fänden das, genau wie vor dem ersten Wahlgang, nur 6 Prozent der Deutschen gut. 81 Prozent würden seine Wiederwahl kritisch sehen.
Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 23. bis 25. Mai 2023 bei 1.257 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: SPD: 24 Prozent, CDU/CSU: 27 Prozent, Grüne: 20 Prozent, FDP: 6 Prozent, AfD: 13 Prozent, Linke: 6 Prozent.
Das nächste bundesweite Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 16. Juni 2023.
Foto (c) ZDF und Forschungsgruppe Wahlen