Magdeburg. Heute am 9. November 2022 wird in der Landeshauptstadt mit einer Gedenkveranstaltung an die Opfer der Novemberpogrome von 1938 erinnert. Das Gedenken beginnt um 17.00 Uhr im Forum Gestaltung in der Brandenburger Straße 10. Im Anschluss wird es einen stillen Gedenkweg zum Synagogen-Mahnmal in der Julius-Bremer-Straße geben. Das Pogrom in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 führte auch in Magdeburg zur Zerstörung der Synagoge sowie zahlreicher jüdischer Geschäfte und Wohnungen.
Im Rahmen des zentralen Gedenkens richten die stellvertretende Ministerpräsidenten Dr. Lydia Hüskens sowie die Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Magdeburg, Simone Borris, Gedenkworte an die Anwesenden. Auch der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Magdeburg, Stephan Hoenen, wird ein paar Worte der Erinnerung sprechen, ebenso Inessa Myslitzka von der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg und die Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg, Larisa Korshevnyuk.
Während der Andacht wird der siebenarmige Leuchter, die Menora (Foto), als Symbol für den jüdischen Glauben entzündet. Das gesamte Zeremoniell wird durch die jüdische Kantorin Schulamit Lubowska von Gebeten begleitet. Der katholische Diakon Wolfgang Gerlich vom Bistum Magdeburg wird bei der zweisprachigen Verlesung des Psalms 23 mitwirken. Drei Schülerinnen des Geschwister-Scholl-Gymnasiums werden Gedichte vortragen.
Nach einer Gedenkminute brechen alle Beteiligten zu einem Gedenkweg in die Julius-Bremer-Straße auf. Am Mahnmal der zerstörten Synagoge werden Kränze niedergelegt und ein Schlusssegen gesprochen.
Das Gedenken wird in Kooperation mit dem Evangelischen Kirchenkreis Magdeburg, der Liberalen Jüdischen Gemeinde zu Magdeburg, der Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg sowie dem Forum Gestaltung organisiert. Die beiden jüdischen Gemeinden wechseln sich jährlich mit der Stellung der Menora und der geistlichen Begleitung ab. In diesem Jahr ist die Liberale Jüdische Gemeinde zu Magdeburg organisatorisch eingebunden.
Hintergrund zu Erinnerungsorten
Mahnmal/ Relief
An der Stelle der am 9. November 1938 zerstörten Synagoge in der Julius-Bremer-Straße steht heute ein vom Magdeburger Metallgestalter Josef Bzdok 1988 errichtetes Mahnmal für die jüdischen Opfer des Naziregimes. Die Inschrift lautet: „Dem Nazi-Terror fielen 1.521 Magdeburger jüdischen Glaubens, darunter 287 unschuldige Kinder, zum Opfer.“ In unmittelbarer Nachbarschaft des Mahnmals wurde 2004 durch die Magdeburgische Gesellschaft von 1990 ein Relief zur Erinnerung an die 1938 zerstörte Magdeburger Synagoge aufgestellt.
Neue Synagoge Magdeburg
Der Förderverein Neue Synagoge Magdeburg e.V. unterstützt die Synagogen-Gemeinde zu Magdeburg dabei, ein neues Versammlungshaus zu bauen. Durch den Bau einer neuen Synagoge sollen die Magdeburgerinnen jüdischen Glaubens wieder ein religiöses Zentrum erhalten. Zugleich soll es ein Begegnungsort für alle Magdeburgerinnen sein, die mit dem Judentum in Verbindung oder ins Gespräch treten wollen. Im September 2019 hatte der Stadtrat der Landeshauptstadt beschlossen, dass ein Grundstück in der Julius-Bremer-Straße der Synagogen-Gemeinde für den Neubau kostenlos bereitgestellt wird. Ende 2023 soll das Gotteshaus voraussichtlich fertiggestellt sein.
Mahnmal „Magda“
Seit 2001 erinnert das Mahnmal „Magda“ des Bildhauers Jörg-Tilmann Hinz in der Rothenseer Havelstraße/ Ecke Heinrichsberger Straße an eine Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald gleichen Namens, in der mehr als 2.000 Häftlinge – überwiegend Juden aus Ungarn – zu Tode gequält wurden. Jährlich am 27. Januar gedenken Vertreter von Stadt, Land, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Parteien und die Bundeswehr der Opfer des Nationalsozialismus.
Gedenktafel am ehemaligen Polte-Werk
In der Liebknechtstraße erinnert heute eine Gedenktafel an die über 3.000 weiblichen sowie rund 600 männlichen Häftlinge, die bis April 1945 in das damalige Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald, das Magdeburger Polte-Werk, deportiert wurden. Häftlinge, die nicht mehr bei Kräften waren, wurden zur Ermordung nach Auschwitz, Bergen-Belsen oder Ravensbrück geschickt.
Jüdische Friedhöfe
Jüdische Friedhöfe tragen auch die Bezeichnung „Guter Ort“ oder „Halle des Lebens“. Auf dem Jüdischen Friedhof im Fermersleber Weg befinden sich die Grabsteine von Moritz Rahmer, Robert Philippson und Guyla Grosz. Hier ist auch das Grab der legendären Magdeburger Zirkusfamilie Blumenfeld. Bis 1920 hatte sie das einzige feste Zirkusgebäude in Deutschland. Der jüdische Arzt Dr. Otto Schlein ist auf dem Westfriedhof beigesetzt worden.
Im September 2018 wurde ein neuer Ort der Totenruhe für die jüdischen Bürger*innen Magdeburgs geweiht. Er befindet sich auf einem Teil des Friedhofs Groß Ottersleben an der Königstraße.
Stolpersteine
Am 18. März 2007 weihte Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper im Rahmen einer Gedenkstunde die ersten Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus in Magdeburg ein. Der erste der verlegten Stolpersteine ist dem früheren Magdeburger Bürgermeister Dr. Herbert Goldschmidt gewidmet. Im September fand die 35. Verlegung von Stolpersteinen in Magdeburg statt. Damals wurden 25 neue Gedenksteine verlegt, die an Magdeburgerinnen und Magdeburger erinnern, die dem Nationalsozialismus zum Opfer fielen. Finanziert werden die Erinnerungsmale ausschließlich durch Spenden.
Symbolfoto Menora / pixabay